Pressekonferenz mit Vertreter*innen der Berliner Wirtschaft
Handwerkskammer Berlin | Katja Reichgardt
V.l.n.r.: Franziska Teubert, Jürgen Wittke, Manja Schreiner, Sven Weickert

Gemeinsame Pressemitteilung vom 7. Oktober 2025Offener Brief der Berliner Wirtschaft an die Abgeordneten zur geplanten Ausbildungsplatzumlage

In einem offenen Brief an die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses appelliert ein breites Bündnis aus der gesamten Berliner Wirtschaft, die Pläne zur Einführung der sogenannten Ausbildungsplatzumlage nicht weiter zu verfolgen. Das Gesetz schadet dem Wirtschaftsstandort Berlin, belastet in konjunkturell schwierigen Zeiten die Unternehmen zusätzlich – ohne die wahren Probleme auf dem Ausbildungsmarkt zu lösen. In der Praxis wird diese völlig sinnlose Belastung zu einem massiven Aufwuchs von Bürokratie und hunderten Klagen von Unternehmen führen, wie der seit Anfang des Jahres in Bremen geltende Ausbildungsausgleichsfonds zeigt.

Sebastian Stietzel, Präsident IHK Berlin: "Viele Unternehmen blicken fassungslos auf die aktuelle politische Debatte um die Ausbildungsplatzumlage. Sie schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern – und sollen jetzt bestraft werden, weil die Politik festlegen will, wie viele Ausbildungsplätze die Berliner Wirtschaft besetzen „sollte“. Wohin das führt, sehen wir aktuell in Bremen: Mehr Bürokratie, mehr als 330 Klagen gegen das dortige Gesetz, weniger Ausbildungsverträge – und ein unterfinanzierter Fonds, der möglicherweise mit Steuergeldern ausgeglichen werden muss. Angesichts der knappen Haushaltslage in Berlin ist es nicht nachvollziehbar, warum sechs Millionen Euro in den Aufbau von Bürokratie statt in die Unterstützung von Jugendlichen fließen sollen. Unser dringender Appell an die Abgeordneten ist deshalb, nicht die Bremer Fehler zu wiederholen und das Gesetz zu stoppen. Noch ist es nicht zu spät."

Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer Berlin: "Traditionell verfügt das Handwerk über eine überdurchschnittliche Ausbildungsquote, aber aktuell fehlen Hände, nicht Abgaben. Wenn Unternehmen ihre offenen Ausbildungsplätze nicht besetzen können, würde eine Ausbildungsumlage zur unnötigen Zusatzbelastung. Bei der Preiskalkulation und bei Auftragsvergaben hätten Berliner Handwerksbetriebe dann Wettbewerbsnachteile gegenüber Unternehmen aus Brandenburg oder anderen Bundesländern. Mehr besetzte Ausbildungsplätze in Berlin kommen dabei sicherlich nicht heraus. Notwendig sind hingegen eine strukturierte Berufsorientierung und die anerkannte Gleichwertigkeit von akademischen und dualen Ausbildungswegen."

Stefan Moschko, Präsident Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg e.V.: "Der Bund und andere Bundesländer arbeiten auf vielen Ebenen daran, Bürokratie abzubauen und Unternehmen zu entlasten. Berlin plant das genaue Gegenteil und will die Wirtschaft mit einem Gesetz überziehen, das einen enormen zusätzlichen Aufwand und weitere unnötige Kosten bringt. Und das in einer Zeit, die geprägt ist von Wachstumsschwäche, Unsicherheit und Transformation. Hinzu kommt, dass die sogenannte Ausbildungsplatzumlage ein Rezept aus der arbeitsmarktpolitischen Mottenkiste ist. Sie ignoriert, dass viele Unternehmen vergeblich versuchen, Nachwuchskräfte anzuwerben. Sie übersieht, dass vielen jungen Menschen selbst elementare Qualifikationen für das Berufsleben fehlen, weil die Schule sie nicht darauf vorbereitet hat. Deshalb wird die Umlage keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsplatz bringen – der Berliner Wirtschaft aber erheblich schaden."

Franziska Teubert, Geschäftsführerin Bundesverband Deutsche Startups e.V.: "Die Umlage schadet insbesondere Startups, die gerade in der frühen Phase oft noch gar keine Umsätze machen und über kaum finanzielle Ressourcen verfügen. Gleichzeitig sind Startups und Scaleups maßgeblicher Treiber für die wirtschaftliche Dynamik in der Hauptstadt. Der Senat sollte daher junge, technologieorientierte Unternehmen nach Kräften stärken, statt sie mit zusätzlichen Abgaben und bürokratischen Aufwänden völlig unnötig zu belasten. Die Umlage ist mehr als nur ein fatales Signal, sie ist innovationsfeindlich und schwächt den Startup-Standort Berlin. Das gilt insbesondere im Wettbewerb mit anderen nationalen Startup-Hubs. Angesichts der ungeahnten Standortförderung aus Berlin knallen in München bestimmt die Korken."

Offener Brief der Berliner Wirtschaft an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses zum Download:

Informationen zur Ausbildungsplatzumlage und weitere Stimmen aus der Berliner Wirtschaft haben wir unter  www.ausbildung-statt-abgabe.berlin zusammengestellt.