Porträt eines erfahrenen Schreiners, der mit einem Lehrling in der Tischlerei arbeitet (Oberkörperporträt)
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"Wer versucht, den Blickwinkel und die Sichtweise des Gegenübers im Auge zu behalten, schafft eine gute Grundlage für offene Gespräche und tragfähige Vereinbarungen."

Interview mit Christine Karut, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Berlin | HANDWERK IN BERLIN 2025 - 4Zeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

In den kommenden fünf Jahren stehen schätzungsweise zwischen 7.000 und 9.000 Handwerksbetriebe in Berlin vor der Herausforderung, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für ihren Betrieb zu finden. Worauf es dabei ankommt, erklärt Christine Karut, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer Berlin.

Was sind die größten Hürden, die Inhaber*innen bei der Betriebsnachfolge überwinden müssen?

Neben dem Mangel an geeigneten Nachfol­ger*innen sind vor allem die Bewertung des Unternehmens, die Festlegung eines fairen Kaufpreises und die Finanzierung durch den Nachfolgenden sowie organisatorische und rechtliche Themen große Herausforderungen. Hinzu kommt, dass es vielen Inhaber*innen ver­ständlicherweise schwerfällt, ihr Lebenswerk loszulassen und Verantwortung abzugeben.

Wie unterstützt die Handwerkskammer Berlin Betriebe bei der Übergabe?

Alle Inhaber*innen bzw. Gesellschafter*innen und Geschäftsführer*innen unserer Mitglieds­betriebe können frühzeitig ein kostenfreies Beratungsgespräch zum Thema Betriebsüber­gabe mit uns vereinbaren. In diesem Gespräch geht es zunächst um die aktuelle Situation im Betrieb, den zeitlichen Rahmen der geplan­ten Nachfolge und die wichtigsten Meilen­steine auf dem Weg zu einer gut geregelten Übergabe. Außerdem stellen wir die gängigen Verfahren zur Unternehmensbewertung kurz vor und zeigen auf, wie unsere Betriebsberate­rinnen und Betriebsberater bei der Einschät­zung des Unternehmenswertes konkret unter­stützen können.

Welche Wege sind Ihrer Erfahrung nach die erfolgversprechendsten, um eine passende Nachfolgerin oder einen passenden Nachfol­ger zu finden?

Betriebsinhaber*innen sollten zunächst prüfen, ob sich eine geeignete Nachfolgerin oder ein geeigneter Nachfolger in der eigenen Familie, im näheren Umfeld oder im Kreis der aktuellen bzw. ehemaligen Mitarbeitenden findet.

Für die Suche nach einem externen Nachfolger steht in Berlin die Nach­folgezentrale Berlin zur Verfügung, in der sich sowohl die Betriebe als auch Suchende kostenfrei registrie­ren können:  www.nachfolgezentrale.berlin

Ein weiterer, häufig genutzter Weg sind Inserate in Nachfolgebörsen, zum Beispiel über die bundesweite Plattform nexxt-change:  www.nexxt-change.org

Wie wichtig ist ein guter Zeitplan beim Übergabeprozess? Wann sollte man anfangen, sich Gedanken zur Nachfolge zu machen?

Zeit ist ein wichtiger Erfolgsfak­tor. Spätestens fünf Jahre vor der gewünschten Übergabe sollten sich Betriebsinhaber*innen mit der Nachfolgeplanung beschäfti­gen. Nur dann bleibt ausreichend Zeit, um geeignete Personen zu finden und diese bei Bedarf noch zu qualifizieren. Außerdem dauert die konkrete Umsetzung der Nachfolge – insbesondere die Finanzierung – in der Praxis oft länger als erwartet.

Können sich auch Personen, die einen Betrieb übernehmen möch­ten, an die Handwerkskammer Berlin wenden?

Ja, sehr gerne sogar. Für Überneh­mende ist die Betriebsübernahme in der Regel eine besondere Form der Existenzgründung. Wer in Berlin eine solche Übernahme im Handwerk plant, kann nach Termin­vereinbarung mit unserer Betriebs­beratung eine kostenfreie Beratung erhalten. Bei weiteren handwerks­rechtlichen, rechtlichen oder anderen Fragestellungen werden Kolleginnen und Kollegen aus den entsprechenden Fachbereichen der Handwerkskammer hinzugezogen.

Haben Sie noch einen letzten Tipp parat, den Sie den Betroffenen für die Regelung ihrer Betriebsnachfolge mit auf den Weg geben möchten?

Für die gemeinsame Wegstrecke, die Übergebende und potenzielle Nachfolgerinnen oder Nachfolger miteinander gehen, ist es sehr hilfreich, sich immer wieder in die Lage der jeweils anderen Person zu versetzen. Wer versucht, den Blickwinkel und die Sichtweise des Gegenübers im Auge zu behalten, schafft eine gute Grundlage für offene Gespräche und tragfähige Vereinbarungen.



 

Interview und Foto

Helena Golz

Tel. +49 30 259 03 - 122

golz--at--hwk-berlin.de









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Christine Karut, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer Berlin
Betriebsberaterin Christine Karut



Spätestens fünf Jahre vor der gewünschten Übergabe sollten sich Betriebsinhaber*innen mit der Nachfolgeplanung beschäfti­gen.



Kontakt

Bei Fragen zum Thema Nachfolge wenden Sie sich gerne an unsere Betriebsberatung   betriebsberatung@hwk-berlin.de