Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin Jürgen Wittke und Präsidentin Carola Zarth bei der Konjunktur-PK am 6.05.2025
Katja Reichgardt | Handwerkskammer Berlin
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin Jürgen Wittke und Präsidentin Carola Zarth

Pressemitteilung vom 6. Mai 2025Konjunktur im Berliner Handwerk trübt sich ein

Auftragslage im Handwerk schlechter als während der Finanzkrise 2008/2009, Erwartungen des Bauhauptgewerbes bleiben hinter allen anderen Gewerken zurück, vormals auftragsstarkes Ausbaugewerbe verliert Status der Zuglokomotive. Wichtige Weichenstellung durch die neue Bundesregierung notwendig, um das Handwerk als Innovationsmotor und Beschäftigungsträger zukunftsfest aufzustellen.

Die Konjunktur im Berliner Handwerk kühlt im Frühjahr 2025 merklich ab. Der Geschäftsklimaindex, der das geometrische Mittel aus aktueller Geschäftslage und zukünftiger Geschäftserwartung abbildet, ist von 108 Punkten im Herbst 2024 auf aktuell 102 Punkte gesunken.

Nur noch 33 Prozent der befragten Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als gut, immerhin 50 Prozent sind zufrieden, während 17 Prozent von einer schlechten Lage sprechen.

Die Auftragslage ist, wie auch schon im Vorjahr, rückläufig und kann teilweise nicht mehr durch bestehende Aufträge kompensiert werden. Zwar überwiegen im gesamten Handwerk trotz der schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen bei den Auftragserwartungen noch die Optimisten (Saldo 7 Punkte). Aber angesichts der normalerweise saisonal bedingten Auftragssteigerungen in den warmen Sommermonaten, ist dies jedoch ein Frühjahrswert, der zuletzt während der Finanzkrise 2008/2009 unterschritten wurde. Das Bauhauptgewerbe bleibt auf niedrigem Niveau zwar stabil, und es zeichnet sich auch kein weiterer Einbruch der Auftragszahlen ab, aber ein optimistischer Ausblick auf den Sommer bleibt ebenso aus. Auch die sonst üblichen Frühjahrsimpulse auf den Arbeitsmarkt bleiben aus. Der Abbau des Personalstamms schreitet voran. Jeder vierte Handwerksbetrieb gibt an, dass die Beschäftigtenzahl in den letzten sechs Monaten gesunken ist. Allerdings zeichnet sich eine Stabilisierung bei der Preisdynamik ab.

Trotz des vom Bundestag beschlossenen Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro bleibt die Stimmung im Bauhandwerk im April 2025 verhalten, wo normalerweise die Frühjahrssaison Hochkonjunktur haben sollte. Grund ist die Sorge von Betrieben, dass viele Maßnahmen nicht mittelstandsgerecht ausgeschrieben werden könnten. Dies würde die Beteiligung der überwiegend kleinen und mittleren Betriebe erschweren und deren Zugang zu öffentlichen Aufträgen begrenzen.

Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin: „Hinzu kommen nach wie vor hohe Bauzinsen, die die Investitionsbereitschaft privater Bauherren bremsen, aber auch schleppende Genehmigungsverfahren. Hier sollten mithilfe des Schneller-Bauen-Gesetzes digitale Verfahren vorangetrieben werden, um die Bearbeitung von Bauanträgen straffer zu organisieren. Ohne einen gezielten Bürokratieabbau und mittelstandsgerechte Vergabestrukturen droht das Sondervermögen sein konjunkturelles Potenzial nicht entfalten zu können.“

Auch die zuvor auftragsstarken Gewerke des Ausbaugewerbes können aktuell die Konjunktur des Handwerks nicht mehr nennenswert stützen und verlieren ihren Status als Zuglokomotive. Diese Gewerbegruppe ist die umsatzstärkste; umso schwerer wiegt der branchenspezifische Rückgang des Geschäftsklimaindex mit 103 auf sein neues 15-Jahres-Tief. Ausgenommen ist der Bereich der Installateure und Heizungsbauer, der vom stabilen Kundendienstgeschäft profitiert.

Auch das Kfz-Gewerbe verzeichnet weiterhin überwiegend positive Werte, wenngleich auf deutlich niedrigerem Niveau als noch vor sechs Monaten.

In Berlin scheint der Trend zu handgemachtem Brot und Torten oder Wurst aus eigener Herstellung statt Industrieware besonders stark auf die Nahrungsmittelhandwerke zu wirken. Denn eine höchst positive Ausnahme bei den Konjunkturergebnissen bilden die Nahrungsmittelhandwerke, die von einer gestiegenen Nachfrage und steigenden Umsätzen – nicht zuletzt aufgrund der gesunkenen Inflation – profitieren. Auch die Prognosen für die kommenden Monate sind positiv. Davon zeugen steigende Betriebszahlen in der Handwerksrolle sowie ein Zuwachs an Neuabschlüssen von Ausbildungsverträgen.

Hinsichtlich der drohenden Ausbildungsumlage hingegen stehen die Zeichen auf Sturm. Dazu Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer Berlin: „Handwerksbetriebe befürchten zum einen eine zusätzliche finanzielle Belastung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Zum anderen irritiert die Vorgehensweise der Politik: Hier wird bereits mit einem Gesetzentwurf gedroht, bevor die endgültigen Zahlen zu den Ausbildungsverträgen vorliegen – so, als habe man das Vertrauen in die Wirtschaft bereits verloren. Ein zweiter Punkt ist die Gefahr zusätzlicher bürokratischer Belastungen durch Dokumentationspflichten, die auf die Betriebe zukommen.“

Insgesamt lässt sich für das Handwerk jedoch festhalten, dass die Erwartungen für die kommenden Monate verhalten bleiben. Eine konjunkturelle Trendwende ist zur Jahresmitte nicht in Sicht.

Die geplante schwarz-rote Koalition unter der Führung von Friedrich Merz (CDU), dem voraussichtlich neuen Bundeskanzler, steht vor der Herausforderung, die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland zu stärken und den Mittelstand zu entlasten. Durch gezielte, vor allem für den handwerklichen Mittelstand wichtige Maßnahmen in den Bereichen Bürokratieabbau, Fachkräftesicherung und Infrastrukturinvestitionen sollten die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert werden. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Vorhaben wird entscheidend dafür sein, ob das Handwerk seine Rolle als Innovationsmotor und Beschäftigungsträger weiterhin erfüllen kann.

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Konjunkturumfrage März 2025: Zur wirtschaftlichen Situation des Berliner Handwerks

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