Pressekonferenz Berliner Ausbildungsbilanz 2021/2022 am 3. November 2022
Handwerkskammer Berlin / H. Golz
v.l.n.r.: Stefan Spieker, Vizepräsident Industrie- und Handelskammer Berlin; Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg; Thoralf Marks, Leiter des Referats Schul-, Bildungs- und Ausbildungspolitik der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB); Dr. Ramona Schröder, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit; Alexander Fischer, Staatssekretär für Arbeit, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin; Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin

Berliner Ausbildungsbilanz 2021/ 2022

Pressemitteilung der Handwerkskammer Berlin vom 3. November 2022



Ausbildung sichert Zukunft – auch die der Hauptstadt.  

Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen im dritten Beratungsjahr in Folge, hat der Ausbildungsmarkt in Berlin seine Robustheit unter Beweis gestellt. Die Situation im Berufsberatungsjahr 2021/2022 bleibt heraufordernd, entwickelt sich in der Tendenz jedoch leicht positiv. Alle Akteure im Ausbildungsmarkt machen sich weiterhin gemeinsam stark, um möglichst viele Bewerber und Ausbildungsbetriebe zusammenzubringen. Berlinweit ist ein Zuwachs an Ausbildungssuchenden sowie angebotenen Ausbildungsplätzen zu verzeichnen. In allen Bezirken ist es gelungen mehr junge Menschen mit Ausbildungsplätzen zu versorgen als im Vorjahr. Gleichzeitig stieg die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze an.

Von Anfang Oktober 2021 bis Ende September 2022 meldeten sich in Berlin insgesamt 20.902 Jugendliche bei der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit, um bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz Unterstützung zu erhalten. Das waren 114 mehr als im letzten Jahr. Die Zahl der beim Arbeitgeberservice der Arbeitsagenturen gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen erhöhte sich um 7,4 Prozent auf 15.016. Ende September waren 3.135 Bewerber unversorgt, 259 weniger als vor einem Jahr. Die Betriebe konnten bis Ende September 1.502 Berufsausbildungsstellen nicht besetzen. Das waren 390 mehr als letztes Jahr.

Katja Kipping, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin: „Die aktuellen Zahlen zeigen, dass auf dem Berliner Ausbildungsmarkt weiterhin eine deutliche Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage besteht: Rein rechnerisch kommen auf jede gemeldete betriebliche Ausbildungsstelle 1,4 Bewerberinnen und Bewerber. Wir können nicht hinnehmen, dass so viele junge Menschen ohne berufliche Perspektive bleiben. Daher lassen wir nicht nach in unseren Anstrengungen, das Angebot an Ausbildungsplätzen zu erweitern und bestehende Hindernisse zu beseitigen. Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales unterstützt Ausbildungsplatzsuchende und Betriebe zum Beispiel mit dem Berliner Ausbildungsplatzprogramm oder mit der Förderung im Rahmen der Verbundausbildung.“

Dr. Ramona Schröder, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit: „Die Zahl der Ausbildungsstellen in Berlin hat erfreulicherweise wieder zugenommen. Wir haben das Niveau von vor Corona aber leider noch nicht erreicht. Die Vielzahl der Brandenburger Ausbildungsplätze steht auch Bewerberinnen und Bewerbern aus Berlin zur Verfügung. Die Anbindung mit den Verkehrsmitteln verbessert sich stetig. Anstrengungen aller Beteiligten am Arbeits- und Ausbildungsmarkt bleiben deshalb erforderlich. Ausbildung ist die beste Nachwuchssicherung und Investition in die Zukunft.“

Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg: „Gute Arbeit beginnt mit guter Ausbildung – und doch ist auch in diesem Jahr in Berlin noch keine wirkliche Trendumkehr in Sicht. Wieder bleiben über dreitausend junge Menschen ohne Ausbildungsplatz. Ausbildung ist unverzichtbar, sowohl für junge Menschen zum Einstieg in das Berufsleben als auch für Unternehmen, damit sie ihre Fachkräfte sichern. Wir brauchen mehr Engagement der Unternehmen, denn noch immer bieten viel zu wenige von ihnen Ausbildungsplätze an, trotz des beklagten Fachkräftemangels. Es kann nicht sein, dass einige wenige Unternehmen in Ausbildung, Fachkräfte und Zukunft investieren, während andere sich darauf ausruhen und dann den Ausbildungsbetrieben die Absolvent*innen abwerben. Berlin braucht die Ausbildungsumlage genauso wie erweiterte Konzepte zur Berufsorientierung und Angebote, die helfen, Ausbildungsabbrüche zu verhindern.“

Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin: „Wer Klimaretter werden will, ist im Handwerk gut aufgehoben. Das Handwerk bietet eine sichere und sinnstiftende Zukunft, denn wir setzen die Energiewende in die Realität um. Die Berliner Handwerksbetriebe bieten verlässlich Ausbildungsplätze und damit Ausbildungschancen an. Wir freuen uns über jeden Bewerber und jede Bewerberin, die sich mit uns gemeinsam für die Bewältigung der Energie- und Klimawende einsetzt. Nach all den Jahren der Diskussion ist es nun die Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen.“

Stefan Spieker, Vizepräsident Industrie- und Handelskammer Berlin: „Eine Lehrstellenlücke ist auf dem Berliner Ausbildungsmarkt nicht zu erkennen. Vielmehr müssen suchende Bewerberinnen und Bewerber mit den noch freien Ausbildungsstellen besser zusammengeführt werden. Dazu braucht es eine umfangreiche Berufsorientierung: Mehr Praktika, um die duale Ausbildung besser kennenzulernen und Ausbildungsbotschafter, um Ausbildungsberufe erlebbar zu machen. Die Berliner Wirtschaft steht hier als Partnerin für eine konzertierte Ausbildungsoffensive zur Verfügung. Die geplante Ausbildungsplatzumlage hingegen würde die Situation nicht verbessern, sondern die Unternehmen bestrafen, die heute schon ausbilden wollen, aber keine Bewerber finden.“

Thoralf Marks, Leiter des Referats Schul-, Bildungs- und Ausbildungspolitik der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB): „Der allergrößte Teil unserer Betriebe hat das Thema Ausbildung ganz oben auf dem Zettel. Selbst im Angesicht einer wirklich tiefen Krise bieten sie deutlich mehr Ausbildungsplätze an als in den Vorjahren. Und noch immer sind 1500 Plätze unbesetzt. Trotzdem muss eine Menge geschehen, damit das System zukunftsfähig wird. Wir brauchen eine bessere Schulqualität und eine intensivere und frühere Berufsorientierung für die jungen Menschen. Hier muss die Politik angesichts des dramatischen Fachkräftemangels dringend investieren. Der völlig falsche Ansatz wäre dagegen eine Ausbildungsabgabe. Sie wäre ein teures Bürokratiemonster, das die Dinge um keinen Millimeter zum Besseren werden würde.“